B2B-Kaltakquise im Lichte der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)
Über die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) kursieren viele Mythen. Sie genießt einen denkbar schlechten Ruf und gilt als zu streng. Das ist jedoch nur teilweise richtig. An der Möglichkeit der Kaltakquise von Unternehmern zum Beispiel, hat das Inkrafttreten der DSGVO grundsätzlich nichts geändert. Sie bleibt in den Grenzen des Wettbewerbsrechts (Stichwort: mutmaßliche Einwilligung) erlaubt. Dennoch bringt die DSGVO auch hier Änderungen, die zu beachten sind.
Gastbeitrag von Philipp Eickhoff - Rechtsanwalt bei meibers.rechtsanwälte
Welche Daten sind von der DSGVO betroffen?
Die DSGVO muss bei jeder Verarbeitung von Daten - von der ersten Erhebung bis zur abschließenden Löschung - beachtet werden. Aber: Sie gilt nur für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten, also solchen Daten, die sich einer natürlichen Person zuordnen lassen. Keine personenbezogenen Daten sind deshalb in der Regel z. B. der Name und die Anschrift eines Unternehmens sowie seine zentrale E-Mail-Adresse, Telefonnummer, Faxnummer usw., weil diese Daten meistens keiner natürlichen Person zuzuordnen sind.
Anders ist das z. B. bei einer Durchwahl oder persönlichen E-Mail-Adresse. Werden Sie aufgefordert, Unterlagen oder Kontaktdaten per E-Mail zu verschicken, ist also zu unterscheiden. Erhalten Sie dafür nur Firmendaten, ist datenschutzrechtlich nichts zu beachten. Das wird jedoch die absolute Ausnahme sein. Häufig erhalten Sie persönliche Kontaktdaten eines Mitarbeiters oder zumindest dessen Namen. Jetzt ist das Datenschutzrecht zu beachten.
Wie verhalte ich mich, wenn ich am Telefon um das Zuschicken der Kontaktdaten bzw. Unterlagen per E-Mail gebeten werde?
Jede Verarbeitung personenbezogener Daten muss von einer der Rechtsgrundlagen der DSGVO getragen sein. Für die Akquise kommen Einwilligung, Vertrag(-sanbahnung) und das berechtigte Interesse als Erlaubnisnormen in Betracht. Wenn die Verarbeitung – wie bei der Kaltakquise häufig – nicht im Rahmen eines Vertragsverhältnisses erforderlich ist, müssen Sie sich fragen, ob eine Einwilligung eingeholt werden muss, oder ob ein berechtigtes Interesse vorliegt. Erhalten Sie am Telefon Kontaktdaten mit der Bitte, weitere Informationen zuzusenden, greifen möglicherweise gleich alle drei Erlaubnisnormen.
Es hängt vom Einzelfall ab. Die DSGVO ist hier tatsächlich nicht so streng wie häufig angenommen. Im Rahmen der Akquise dürften Sie nämlich fast immer ein berechtigtes Interesse an der Verwendung von Kontaktdaten zum Zwecke der werblichen Ansprache haben. Wenn Sie sich datenschutzrechtlich auf Ihr berechtigtes Interesse berufen wollen, müssen Sie allerdings in jedem Einzelfall eine Abwägung zwischen Ihren eigenen Interessen und denen des Betroffenen vornehmen. Die eigenen Interessen müssen überwiegen.
Doch egal auf welche Rechtsgrundlage Sie die Verarbeitung im Rahmen der Akquise stützen möchten: Immer gilt, dass Sie dem Betroffenen Pflichtinformationen nach Art. 13 oder 14 DSGVO bereitstellen müssen und zwar nach dem Gesetz schon „zum Zeitpunkt der Erhebung“. Auf Websites geschieht dies im Rahmen einer Datenschutzerklärung, die vom Besucher eingesehen werden kann. Am Telefon gestaltet sich die Information des Betroffenen schwieriger.
Nach dem Wortlaut der DSGVO müssten Sie die Information noch am Telefon mündlich erteilen. Das ist natürlich nur bedingt praxistauglich. Es ist daher davon auszugehen, dass auch eine zeitnahe Information des Betroffenen ausreicht. Wird im Anschluss an das Telefonat ohnehin eine E-Mail verschickt, sollten ihr die Pflichtinformationen angehängt werden. Ist das nicht der Fall, können Sie sich mit einem sog. Medienbruch behelfen: Sie verweisen im Rahmen des Telefonats einfach auf die Internetadresse, unter der die Pflichtinformationen eingesehen werden können.
Darf ich, wenn ich die E-Mail-Adresse erhalten habe, dem Ansprechpartner Werbung per E-Mail zuschicken?
Die im Rahmen der Akquise erstmals erhaltenen Kontaktdaten können datenschutzrechtlich auch über den ersten Kontakt hinaus verwendet werden. Die DSGVO erkennt das Interesse an der Direktwerbung als legitim an. Wichtig ist nur, dass der Betroffene darüber wie zuvor beschrieben informiert wurde. Ihm müssen auch die Rechte aus der DSGVO eingeräumt werden, z.B. auf Auskunft und auf Widerspruch. Dann ist sogar die Verwendung der Kontaktdaten für einen Newsletter datenschutzrechtlich kein Problem.
Aber: Das Problem liegt im Wettbewerbsrecht, das die E-Mail-Werbung (zu der auch der Newsletterversand gehört) ohne Einwilligung des Empfängers oder einen anderen Erlaubnistatbestand verbietet. Obwohl es datenschutzrechtlich also kein Problem wäre, unaufgefordert E-Mails zu versenden, verhindert das Wettbewerbsrecht dieses Vorgehen.
Welche personenbezogenen Daten darf ich nun bei der B2B-Kaltakquise speichern und nutzen?
Es gelten die Grundsätze der Datensparsamkeit, Zweckmäßigkeit und Zweckbindung der Verarbeitung personenbezogener Daten. Das bedeutet, es dürfen nur solche und nur so viele Daten verarbeitet werden, wie für den angestrebten Zweck notwendig.
Für das Führen einer Datei für die Kaltakquise liegt sicherlich ein berechtigtes Interesse zur Speicherung von Namen der Ansprechpartner, Kontaktdaten und dem Verlauf der Akquise vor.
Für den Versand eines Newsletters ist z. B. streng genommen nur die E-Mail-Adresse notwendig, so dass weitere Daten, wie der Name des Empfängers, in der Regel nicht verarbeitet werden dürfen. Da aufgrund der wettbewerbsrechtlichen Vorschriften bei einem Newsletter aber ohnehin stets eine Einwilligung einzuholen ist, kann sich diese natürlich auch auf die Verarbeitung des Namens des Empfängers beziehen.
Schwieriger wird es jedoch bei besonderen personenbezogenen Daten, wie z. B. Gesundheitsdaten, da diese stärker als weniger sensible Daten geschützt werden. Die Verarbeitung solcher Daten ist nur aufgrund spezieller Rechtsgrundlagen erlaubt.
Es hat sich also gar nicht viel geändert. Akquise und Werbung bleiben auch unter der DSGVO möglich, so lange man die Spielregeln einhält.
Philipp Eickhoff - Rechtsanwalt bei meibers.rechtsanwälte, einer seit ihrer Gründung auf die Gebiete Datenschutzrecht, gewerblicher Rechtsschutz, Urheber- & Medienrecht, und IT-Recht fokussierten Kanzlei. Kontakt: info@kanzlei-meibers.de