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Wie Sie auf Vielredner im Kundengespräch reagieren können - Das Irrgarten-Dilemma


Vielredner im Kundengespräch?

Waren Sie schon einmal im Irrgarten? Beklemmend, oder? Hinter der nächsten Ecke ist bestimmt der Ausgang. Ok, aber hinter der nächsten dann wirklich! Haben Sie die Statue da nicht schon zweimal gesehen?! Wie viele haben die denn von der Sorte?! Oder ist es vielleicht dieselbe? Alter Schwede, wo ist denn hier der Ausgang?! Sie laufen im Kreis!

Das Gefühl kennen Sie sicher aus Ihren Kundengesprächen mit Vielrednern. Ist der Kunde von Höcksken auf Stöcksken gekommen, fing immer wieder von vorne mit der Zeitproblematik an oder wollte das Besprochene noch einmal erläutern? Dabei haben sie beide doch schon alles durchgesprochen. Das Kundengespräch wird durch diese Vielrednerei unproduktiv und zieht sich in die Länge. Wie reagieren Sie dann? Verärgert? Frustriert? Oder werden Sie ungeduldig?

Doch Vorsicht! Ihre innere Haltung den Vielrednern gegenüber überträgt sich schnell auf Ihre Wirkung nach außen. Und das spürt der Kunde. Negative Gefühle blockieren außerdem unser Denken, wie Christina Wranke in ihrer Dissertation „Der Einfluss von Emotionen auf das logische Denken“ gezeigt hat. Sie sind dann nicht mehr so frei im Kopf. Wie werden Sie bei diesem ziellosen Flanieren durch das Kundengespräch mit Vielrednern den richtigen Pfad wiederfinden?

Vielredner als Persönlichkeitstypen verstehen

Obwohl man die grundlegende Persönlichkeit des Vielredners nicht ändern kann, ist es dennoch möglich sein Verhalten tiefgehend zu verstehen, um daraus zielführende Handlungsstrategien zu entwickeln und diese im konstruktiven Umgang durchzusetzen. Je besser Sie den Vielredner als Persönlichkeitstypen einschätzen und seine Verhaltens- sowie Reaktionsweisen vorhersehen können, desto einfacher wird Ihnen der Umgang mit ihm fallen. Die Schwierigkeiten, die man selbst mit Kundenpersönlichkeiten, wie dem Vielredner hat, haben nicht selten zwei Ursachen: Entweder hat der Ansprechpartner eine völlig gegensätzliche oder eben zunehmend gleiche Persönlichkeitsstruktur als man selbst.

Warum ist der Vielredner ein Vielredner?

Vielrednerei taucht in verschiedenen Varianten auf. Manche reden ohne Punkt und Komma über ihr Anliegen, der Nächste nur über sich selbst, einer kommentiert im Sprechdurchfall alles, was Sie sagen, ein Anderer erzählt nur langweilige Alltagsgeschichten bis ins Detail und der letzte ist ein uninteressanter Fremdgeschichtenerzähler. Was jedoch viele Dauerredner miteinander gemeinsam haben, sind die folgenden Charakteristiken:

Der Vielredner ...

  • Stellt rhetorische Fragen und lässt wenig bis keinen Raum für Antworten
  • Redet ohne Punkt und Komma, textet Sie buchstäblich zu
  • Dominiert das Gespräch, zeigt zunächst wenig Interesse an den Beiträgen und Stimmungslagen des Gegenübers
  • Denkt unstrukturiert, neigt zur Abschweifung
  • Neigt dazu, sich zu wiederholen
  • Glaubt noch einen Satz draufsetzten zu müssen, um seinen Aussagen mehr Gewicht zu verleihen
  • Hat eventuell Angst davor, wie Sie mit seinen Ansichten umgehen könnten
  • Gelegentlich: Zeigt vor und nach dem Redefluss paradoxerweise ein sehr starkes Interesse an seinem Gegenüber, übertritt dabei auch soziale Grenzen bzw. die Privatsphäre


Starke Vielrednerei ist ein Drang, sich übermäßig verbal zu vermitteln und/oder selbst darzustellen. Dauerredner stellen sich selbst gerne in den Mittelpunkt, um Aufmerksamkeit und Anerkennung von dem Zuhörer zu bekommen. Dabei sind Leute, die viel reden oft einfach unsicher. Vielredner brauchen zumeist eine Art Rückversicherung oder Bestätigung, die durch das Zuhören ihres privaten Publikums gewonnen wird. Blickt man also hinter die Fassade, sieht man oft mangelndes Selbstbewusstsein, ein verstärktes Aufmerksamkeitsbedürfnis und einen gewissen Geltungsdrang.

Die hier beschriebenen Charakteristiken und Ursachen der Vielrednerei sollen dazu dienen, Überforderung im Gespräch mit dem Dauerschwätzer zu überwinden. Sie können vielleicht mehr Verständnis für Ihr Verhalten aufbringen und somit konstruktiv Irritationen durch Lösungswege ersetzen.

Vielredner im Kundengespräch – Was tun?

Der Wegweiser aus diesem Labyrinth heißt „Ansprechen“. Wenn Sie etwas an der Art und Weise stört, wie das Gespräch verläuft, sprechen Sie es offen an. Wenn Sie etwas nervt, dann handeln Sie. Haben Sie den Mut, nicht den Inhalt des Gesprächs, sondern die Kommunikation an sich zu thematisieren. Es ist wichtig, dass Sie trotz der Herausforderung mit dem Vielredner als Gesprächspartner gelassen bleiben und sich zunächst mental abkühlen.

Offen Ansprechen heißt in diesem Fall nicht, Vorwürfe auszusprechen. Es geht vielmehr darum, Tatsachen wertfrei zu benennen und die Verantwortung für die Gesprächssteuerung in dem Kundengespräch mit Vielrednern zu übernehmen. Denn was nützt es Ihrem Kunden und Ihnen, wenn Sie immer nur von einer Kreuzung zur nächsten irren und dabei keine Resultate erzielen? Am Ende sind sowohl der Kunde als auch Sie frustriert. Hat das Kundengespräch mit Vielrednern hingegen ein konkretes Ergebnis, kommt der Kunde gerne wieder auf Sie zurück. 

Wie können Sie das Ansprechen im Kundengespräch mit Vielrednern nun konkret umsetzen? Die folgenden Punkte werden Ihnen dabei helfen:

  1. Versuchen Sie in einem abschweifenden Gespräch mit dem Vielredner nicht durch Nicken, Nachfragen oder „M-hm“-Sagen Interesse zu zeigen. Dadurch geben Sie ihm indirekt die Zustimmung über sein Problem oder Anliegen weiter zu erzählen.
     
  2. Übernehmen Sie am Ende des Gedankens eines Vielredners wieder die Initiative. Achten Sie zunächst auf die Atempausen Ihres Gegenübers und nutzen Sie diese, um in das Gespräch einzusteigen. Ergreifen Sie dann erst das Wort.
     
  3. Alternativ zur Atempause können Sie Ihre Körpersprache (Mimik und Gestik) einsetzen, um das Gespräch zu unterbrechen. Mache Sie ein Gesicht, dem man ansieht, dass Sie etwas sagen möchten. Auch können Sie Ihren Zeigefinger hoch halten oder die Handflächen nach vorne ausstrecken.
     
  4. Sprechen Sie den vielredenden Kunden immer freundlich und ruhig mit seinem Namen an: „Herr Blumanski...“ Denken Sie sich am Ende kein Ausrufezeichen oder einen Punkt, stellen Sie sich lieber drei Punkte vor, so als wollten Sie weitersprechen. Damit nehmen Sie der Aussage eine mögliche Schärfe. Es entsteht jetzt eine kleine Pause, in die Sie hineinsprechen können.
     
  5. Versuchen Sie den Vielredner gekonnt und auf höfliche Weise zu unterbrechen: „Hui, das war jetzt etwas viel auf einmal! Wie gehen jetzt noch mal gemeinsam alles in Ruhe durch.“
     
  6. Sprechen Sie die Emotionen des Vielredners ggf. offen an, verbalisieren Sie diese und zeigen Sie Verständnis: „Das ist ärgerlich! Das kann ich nachvollziehen.“
     
  7. Stellen Sie, bei dem, was Sie sagen wollen, einfach trickreiche Worte wie gut, prima, okay etc. voran, um dem dauerredenen Kunden Ihre Anerkennung zu signalisieren: „Gut, dass Sie mich darauf aufmerksam machen.“
     
  8. Zeigen Sie mit aktivem Zuhören, dass Sie die Bedürfnisse und Sorgen des Kunden ernst nehmen. Häufig entsteht Vielrednerei in Kundengesprächen nämlich durch Unsicherheit oder Sorgen in Bezug auf das Thema. Was könnte sich gerade in Ihrem Kunden abspielen? Sie könnten z.B. sagen: „Ich höre da bei Ihnen eine gewisse Sorge heraus.“
  9. Sprechen Sie Ihre Beobachtung im Kundengespräch mit Vielrednern dann offensiv an: „Gleichzeitig habe ich den Eindruck, dass wir uns ein wenig im Kreis drehen.“
     
  10. Greifen Sie sich anschließend im Kundengespräch mit Vielrednern ein Thema heraus, das der Kunde angesprochen hat und Ihnen zielführend erscheint. Auf diese Weise steuern Sie aktiv das Gespräch: „Sie haben gerade von der Zeitregulierung gesprochen. Das würde ich gerne noch einmal aufgreifen.“
     
  11. Verweisen Sie ggf. noch auf die Zeit: „Da die Zeit mittlerweile etwas knapp geworden ist, und damit wir schneller zum Ziel kommen, schlage ich vor...“
     
  12. Holen Sie sich mit einer geschlossenen Frage die Zustimmung des Kunden. Damit signalisieren Sie den Willen zur Kooperation und schließen den Kunden mit ins Gespräch ein: „Ist das ok für Sie?“ Vermeiden Sie aber unbedingt offene Fragen wie „Was halten Sie von dem Vorschlag?“ Das wird einen Vielredner im Kundengespräch nur animieren.


Alternativ können Sie die Themen auch gemeinsam auf einem Flipchart sammeln. Der Kunde fühlt sich verstanden und merkt, dass Sie auf ihn eingehen und zugehört haben. Kreisen Sie das Thema ein, das Sie als nächstes besprechen wollen. Durch die visuelle Unterstützung können Sie bei erneutem Abschweifen im Kundengespräch gemeinsam mit dem Vielredner schnell wieder auf das eigentliche Thema zurückkommen.

Vielredner nicht aushalten sondern handeln


(Bildquelle: Strand, Garn-Bombe, Bunte, Rosa - © Denise Litchfield - pixabay.com)

Warten Sie aber nicht zu lange. Lassen Sie das Gram-Ei nicht in sich kochen, bis Sie völlig genervt sind. Sobald Sie merken, dass Sie in dem Kundengespräch mit Vielrednern herumirren und wieder an der gleichen Statue vorbeikommen, nehmen Sie die Zügel wieder selbst in die Hand.

Der Kunde und Ihr Nervenkostüm werden es Ihnen danken. Sie sparen Zeit, die Sie anderweitig sinnvoller einsetzen können und geben dem Kunden ein gutes Gefühl. Wer am Ende eines Kundengesprächs ein Resultat in der Tasche hat, ist einfach zufriedener. Wahrscheinlich erinnert der Kunde sich auch beim nächsten Meeting an das positive letzte Gespräch. Für beide Seiten ist eine Win-Win-Situation entstanden und Sie sind Ihrer Verantwortung dem Kunden gegenüber gerecht geworden.

Wenn Sie angesprochen haben, was Sie stört, wird das Kundengespräch mit einem Vielredner auch nicht weiter in Ihnen brodeln. Sie werden vor dem nächsten Meeting keine Unlust verspüren, da Sie sich keinen Monsterkunden gezüchtet haben.

Eine Technik - viele Möglichkeiten im Kundengespräch

Sie können diese Technik aus dem Kundengespräch mit Vielrednern übrigens auch in anderen Situationen einsetzen. Nehmen Sie einen unterschwelligen Konflikt im Kundengespräch wahr? Sprechen Sie es an. Sind negative Emotionen im Raum? Sprechen Sie es an. Kriegen Sie keine Reaktionen auf Ihre Vorschläge? Sprechen. Sie. Es. An!

War das Kundengespräch erfolgreich? Haben Sie sich wohl gefühlt? Sind Sie zufrieden? Warum das nicht auch einfach mal am Ende mitteilen: „Das Gespräch war für mich sehr angenehm.“ Der Grundstein für eine gute Beziehung ist gelegt. Fragen Sie aber unbedingt vorher den Kunden, wie er das Gespräch erlebt hat.

Irren Sie nicht weiter durch solche Kundengespräche mit Vielrednern. Nutzen Sie die Wegweiser und weisen Sie Ihren vielredenden Kunden den Weg. Und wenn Sie den Ausgang gefunden haben, genießen Sie das befreiende Gefühl.