
Gendern im Kundenkontakt – Vorteile, Nachteile und Möglichkeiten des Genderns in der Kundenkommunikation
Ein Thema bei dem sich die Meinungen, auch wenn es um die Kundenkommunikation geht, spalten – das Gendern. Es gibt zum einen die Befürworter, die meinen, Gendern im Kundenkontakt sei heutzutage ein Muss. Auf der anderen Seite die Kritiker, die der Ansicht sind, dies sei doch viel zu kleinkariert.
Was genau bedeutet das Gendern?
Gendern oder Gendering kommt aus dem englischsprachigen Raum und leitet sich von dem Wort „gender“ ab, was so viel heißt wie soziales Geschlecht. Es handelt sich hierbei also um eine geschlechterneutrale Formulierung.
Hintergrund ist, dass im deutschen die Standartform eines Wortes immer die männliche Form ist. Sinn und Zweck des Genderns ist es, eine Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern zum Beispiel in der Kundenkommunikation zu schaffen. Getreu dem Motto: Wenn man beide Geschlechter im Kundenkontakt ansprechen möchte, muss man eben auch beide nennen. Alle Menschen müssen gleichermaßen gesehen und respektiert werden.
Welche Möglichkeiten des Genderns habe ich bei der Umsetzung in der Kundenkommunikation?
- Paarform: „Liebe Kundinnen und Kunden“
In diesem Fall nenne ich beide Formen gebündelt zusammen. Das hat zwar einen guten Lesefluss zur Folge, jedoch habe ich unnötig lange Formulierungen und auch Wiederholungen.
- Binnen-I und Schrägstrich: „Liebe Kund/innen“ bzw. „Liebe KundInnen“
Diese Variante ist kurz und kompakt.
- Mut zur Lücke: „Liebe Kund_innen“, „Liebe Kund*innen“ oder „Liebe Kund.innen“
Möglichkeiten in der Umsetzung gibt es viele. Bei diesen Varianten in der Kundenkommunikation ist charakteristisch, dass es eine betonte Pause zwischen der männlichen und weiblichen Form gibt, was sich auch beim Sprechen mit ein wenig Übung umsetzen lässt.
- Geschlechterneutrale Sprache: „Liebe Studierende“, „Liebe Kundschaft“ oder „Liebes Personal“
Dies ist eine geschickte Variante im Kundenkontakt, geschlechterneutral zu formulieren, was auch eine gute Lesbarkeit zur Folge hat. Jedoch leider nicht immer mit allen Wörtern umsetzbar ist.
- Fußnote
Man kann im Text weiterhin die männliche Form wie „Lieber Kunde“ verwenden, und dann in einer Fußnote auf die weibliche Form verweisen. Dies stört nicht den Lesefluss, jedoch ist es sehr mühsam und der Sinn und Zweck einer Gleichstellung wird dem wohlmöglich auch nicht gerecht, weil zuerst im Fließtext nur die männliche Form genannt wird und die weibliche Form nur klein beiläufig am Seitenrand erwähnt wird.
Gibt es im Kundenkontakt die beste Form, zu gendern?
Es gibt nicht „die richtige“ Form beim Gendern in der Kundenkommunikation. Ein zentrales Problem ist, dass in den meisten oben genannten Fällen der Lesefluss massiv gestört wird, durch die eingefügten Sonderzeichen. Dann liegt der Fokus nicht mehr auf dem eigentlichen Inhalt des Textes.
Worauf muss ich beim Gendern in der Kundenkommunikation achten?
Wenn möglich persönlich formulieren
Persönliche Anreden holen zum einen den Adressaten besser ab, und zum anderen erspart man sich die Gender-Sprache.
Beispiel:
Anstatt: „Willkommen bei XY. Wir erstellen jeder Kundin und jedem Kunden gern ein individuelles Angebot.“
Besser: „Willkommen bei XY. Wir erstellen Dir / Ihnen gern ein individuelles Angebot.“
Auch Team-Formulierungen sind möglich.
Anstatt: „Bei Problemen kannst du dich jederzeit gerne an eine(n) MitarbeiterIn wenden.“
Besser: „Bei Problemen kannst du dich jederzeit gerne an uns wenden.“
Dabei hat man nicht nur charmant die Gender-Problematik im Kundenkontakt umgangen, es klingt auch direkter, persönlicher und nahbarer.
Auf zielgruppengerechte Ansprache achten
In einer durch Frauen stark dominierten Branche kann man in der Kundenkommunikation komplett auf die männliche Form verzichten, so beispielsweise im Kosmetik- oder Nagelstudio.
Einheitliche Gender-Sprache
Ganz wichtig ist jedoch, wenn eine persönliche Anrede, eine „Wir“-Formulierung, oder eine zielgruppengerechte Ansprache in der weiblichen oder männlichen Form nicht möglich sind, dann sollte man zumindest darauf achten, sich für eine einheitliche Gender-Sprache zu entscheiden. Man verwendet dann immer „Kund*innen“, „Zuhörer*innen“ oder eine andere Form der oben genannten. Dies ist wichtig für das einheitliche Erscheinungsbild des Unternehmens.
Gendern im Sprachgebrauch
Eine Sprache ist lebendig und verändert sich mit der Zeit. Auch wenn die Gender-Formulierung für Viele momentan noch eine Umstellung ist, wird sie sich wohl über kurz oder lang in den Sprachgebrauch integrieren. Wörter wie „twittern“ oder „googlen“ waren schließlich vor einigen Jahren auch noch unbekannt. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und oft skeptisch gegenüber Neuem und es dauert manchmal etwas länger bis er Dinge umsetzt.
Die Chancen, Veränderungen und Folgen des Genderns nicht nur im Kundenkontakt
Ein abschließendes Beispiel zuletzt, was für die Gendersprache spricht. Es wurde mit Grundschulkindern ein Experiment durchgeführt. Ihnen wurden einige Berufe einerseits in der neutralen Form vorgelesen (Bsp. Schornsteinfeger) und dann in der jeweiligen männlichen oder weiblichen Form (Bsp. Der Schornsteinfeger oder Die Schornsteinfegerin). Es hat sich herausgestellt, das Mädchen sich eher vorstellen konnten einen typischen Männerberuf auszuüben, wenn er ihnen in der weiblichen Form vorgestellt wurde, als wenn er ihnen nur in der neutralen Form vorgetragen wurde. Quelle: Dries Vervecken, Bettina Hannover: Yes I can! Effects of gender fair job descriptions on children’s perceptions of job status, job difficulty, and vocational self-efficacy. In: Social Psychology Nr. 46 (2015), S. 76–92.
Die WordBridge Academy befindet sich gerade im Prozess der Umstellung. Wir haben bis 2021 keine einheitliche Gendersprache verwendet. Nun ändert sich das. Da es einige Zeit in Anspruch nehmen kann, alle Texte auf unserer Homepage einheitlich zu gestalten, bitten wir unsere BesucherInnen und KundInnen um etwas Geduld.